Lebesgue-messbar bzw. -int'bar < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 22:59 Di 29.03.2005 | Autor: | westpark |
Hallo Freunde,
ich habe einige Verständnisfragen aus dem Kapitel Lebesgue-Maß/Lebesgue-Integral.
Insbesondere ist mir der Zusammenhang zwischen Lebesgue-messbar und Lebesgue-integrierbar noch nicht klar. Dazu folgende Fragen:
Wie hängen die Begriffe Lebesgue-messbar und Lebesgue-integrierbar zusammen?
[Da diese Frage nicht so leicht zu beantworten ist, habe ich einige "Hilfsfragen" zur Orientierung formuliert:]
- Nur messbare Funktionen sind auch integrierbar, d.h., dass die Messbarkeit einer Funktion aus ihrer Integrierbarkeit folgt, richtig?
- Die Umkehrung gilt i.A. nicht. Wieso eigentlich? Und in welchen Fällen gilt sie doch?
Meine Vermutung ist, dass messbare Funktionen genau dann integrierbar sind, wenn sie ein endliches Maß besitzen, d.h., dass das Lebesgue-Integral dieser Funktion einen endlichen Wert annimmt.
- Ist [mm] \IR [/mm] Lebesgue-messbar mit Lebesgue-Maß unendlich?
Für eine Antwort wäre ich sehr verbunden.
Mit Dank und freundlichen Grüßen im Voraus verbleibend
westpark.
P.S.: Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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(Antwort) fertig | Datum: | 09:29 Mi 30.03.2005 | Autor: | Julius |
Hallo westpark!
> ich habe einige Verständnisfragen aus dem Kapitel
> Lebesgue-Maß/Lebesgue-Integral.
> Insbesondere ist mir der Zusammenhang zwischen
> Lebesgue-messbar und Lebesgue-integrierbar noch nicht klar.
> Dazu folgende Fragen:
>
> Wie hängen die Begriffe Lebesgue-messbar und
> Lebesgue-integrierbar zusammen?
>
> [Da diese Frage nicht so leicht zu beantworten ist, habe
> ich einige "Hilfsfragen" zur Orientierung formuliert:]
>
> - Nur messbare Funktionen sind auch integrierbar, d.h.,
> dass die Messbarkeit einer Funktion aus ihrer
> Integrierbarkeit folgt, richtig?
Das ist richtig. Um überhaupt davon reden zu können, dass eine Funktion integrierbar ist, muss sie messbar sein, denn ansonsten ist das Integral gar nicht definiert.
> - Die Umkehrung gilt i.A. nicht. Wieso eigentlich? Und in
> welchen Fällen gilt sie doch?
> Meine Vermutung ist, dass messbare Funktionen genau dann
> integrierbar sind, wenn sie ein endliches Maß besitzen,
> d.h., dass das Lebesgue-Integral dieser Funktion einen
> endlichen Wert annimmt.
Also, fangen wir mal an:
Sei $f : [mm] \IR^d \to \IR$ [/mm] eine messbare Funktion. Wann überhaupt kann ich das (Lebesgue-)Integral eigentlich hinschreiben?
Dazu zerlegt man $f$ in den Positiv- und den Negativteil
$f^+(x) [mm] =\max(f(x),0)$
[/mm]
[mm] $f^-(x)=-\min(f(x),0)$.
[/mm]
Mache die bitte selbst klar, dass dann folgendes gilt:
[mm] $f^+(x)\ge [/mm] 0$, $f^-(x) [mm] \ge [/mm] 0$,
$f(x) = f^+(x) - f^-(x)$,
$|f(x)| = f^+(x) + f^-(x)$.
So, und nun kann man auf jeden Fall die beiden Integrale
[mm] $\int\limits_{\IR^d}f^+(x)\, [/mm] dx$
und
[mm] $\int\limits_{\IR^d} f^-(x)\, [/mm] dx$
hinschreiben. Es mag sein, dass sie gleich [mm] $+\infty$ [/mm] sind, aber man kann sie jedenfalls definieren.
Wenn nun mindestens eines der beiden Integrale [mm] $<+\infty$ [/mm] ist, dann sagt man, dass $f$ quasi-integrierbar ist. In diesem Fall kann man definieren:
[mm] $\int\limits_{\IR^d} f(x)\, [/mm] dx := [mm] \int\limits_{\IR^d}f^+(x)\, [/mm] dx - [mm] \int\limits_{\IR^d}f^-(x)\, [/mm] dx$.
Es kann sein, dass dieser Ausdruck gleich [mm] $+\infty$ [/mm] oder gleich [mm] $-\infty$ [/mm] ist, aber er ist jedenfalls definiert.
Wenn beide der obigen Integrale [mm] $<+\infty$ [/mm] ist, dann sagt man, dass $f$ integrierbar ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn
[mm] $\int\limits_{\IR^d} |f(x)|\, [/mm] dx = [mm] \int\limits_{\IR^d} f^+(x)\, [/mm] dx + [mm] \int\limits_{\IR^d} f^-(x)\, [/mm] dx$
endlich ist.
Dann ist auch
[mm] $\int\limits_{\IR^d} f(x)\, [/mm] dx = [mm] \int\limits_{\IR^d}f^+(x)\, [/mm] dx - [mm] \int\limits_{\IR^d}f^-(x)\, [/mm] dx$
endlich.
Beispiele für messbare Funktionen, die nicht integrierbar sind, sind natürlich konstante Funktionen. Diese sind zwar quasi-interierbar (weil entweder der Positivteil oder der Negativteil komplett verschwindet), aber nicht integrierbar, denn es gilt:
- falls $f(x) [mm] \equiv [/mm] c>0$:
[mm] $\int\limits_{\IR^d} f(x)\, [/mm] dx = + [mm] \infty$
[/mm]
und
- falls $f(x) [mm] \equiv [/mm] c<0$:
[mm] $\int\limits_{\IR^d} f(x)\, [/mm] dx = [mm] -\infty$.
[/mm]
Viele Grüße
Julius
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:45 Mi 30.03.2005 | Autor: | westpark |
Guten Morgen Julius,
vielen Dank für deine ausführliche und kompetente Bearbeitung meines Anliegens.
Ich habe, nachdem ich mich mit deiner Antwort beschäftigt habe, das Gefühl bekommen, die in diesem Kontext offen gewesenen Fragen geklärt zu haben.
Merci, einen schönen Tag und freundliche Grüße wünscht bzw. sendet dir
westpark.
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