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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:35 Mo 26.11.2007 | Autor: | Teufel |
Hi, Leute, ich soll ein paar Infos über das epische Theater sammeln, aber finde nicht zu allen Sachen etwas.
Stichworte (und meine bisherigen Notizen) sind:
Äußerer Aufbau:
Variiert, meist szenischer Aufbau
Handlungsführung:
? (ich würde sagen, dass die Handlung nicht linear ist, sondern eher "kurvig" und es gibt auch parallele Handlungen)
Figurenkonstellation:
? (habe nur ein Beispiel anhand von "Das Leben des Galilei", dass Brecht typische Vertreter der Zeit genommen hat, aber ich weiß nicht, ob er das immer so gemacht hat oder nur in dem einen Drama)
Zitat: "Brecht setzte als Repräsentanten der neuen Zeit vielfach Bürger und Kaufleute, für die alte Zeit Großgrundbesitzer und Kirchenvertreter ein."
(http://de.wikipedia.org/wiki/Leben_des_Galilei)
Schluss:
offen
Verhältnis Bühnengeschehen<->Publikum:
Publikum soll auf Distanz gehalten werden, es soll beobachten und sich ein eigenes Urteil bilden, aktiv mitdenken (wird alles durch den Verfremdungseffekt bewerstelligt)
Wäre euch dankbar, wenn ihr etwas ergänzen könntet!
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(Antwort) fertig | Datum: | 18:43 Mo 26.11.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Teufel,
> Hi, Leute, ich soll ein paar Infos über das epische Theater
> sammeln, aber finde nicht zu allen Sachen etwas.
>
Das epische Theater
Episches Theater: BERTOLT BRECHTs Theater bildet den Anfangspunkt des modernen Theaters, das nach seiner programmatischen Schrift auch als Das epische Theater bezeichnet wird.
Merkmale des epischen Theaters sind:
* Es ist ein Theater des ,,wissenschaftlichen Zeitalters.
* Es setzt auf kritisches Mitdenken statt Einfühlen.
* Verfremdungseffekte durch Songs, Kommentare, Texte, Projektionen werden aufgenommen.
BRECHT wendet sich mit seiner Theaterkonzeption gegen die auf ARISTOTELES zurückgehende grundlegende Unterscheidung zwischen dramatischer und epischer Form. Er stellt eine langsame Verwischung der Gattungsgrenzen fest.
BRECHT will den Zuschauer handlungsfähig machen, das Publikum soll erkennen, dass die politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Situation, in der sie sich befinden, veränderbar ist. Das schließt eine aristotelische Reinigung (Katharsis) von Erregungszuständen aus.
Die Abgrenzung BRECHTs von LESSING erfolgte im Aufgeben des Erzeugens von Furcht und Mitleid. Die Aufgabe des Theaters ist es demnach nicht, zur Tugend zu erziehen. Theater soll über die politischen Möglichkeiten aufklären und zugleich unterhalten.
Auch geht BRECHT davon aus, dass ein dramatischer Konflikt nicht notwendig in der Katastrophe enden müsse:
Die Einfühlung ist das große Kunstmittel einer Epoche, in der der Mensch die Variable, seine Umwelt die Konstante ist. Einfühlen kann man sich nur in den Menschen, der seines Schicksals Sterne in der eigenen Brust trägt, ungleich uns.Es ist nicht schwer, einzusehen, dass das Aufgeben der Einfühlung für das Theater eine riesige Entscheidung, vielleicht das größte aller denkbaren Experimente bedeuten würde. (...) Was konnte an die Stelle von Furcht' und Mitleid' gesetzt werden, des klassischen Zwiegespanns zur Herbeiführung der aristotelischen Katharsis? (...)Das Prinzip besteht darin, anstelle der Einfühlung die Verfremdung herbeizuführen.(...) Einen Vorgang oder einen Charakter verfremden heißt zunächst einfach, dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen.
Wegen der Durchbrechung der klassischen Formstrenge wird das epische Theater BRECHTs auch zu den atektonischen Dramenformen gerechnet.
Schülerlexikon: Duden-Literatur
Episches Theater, von Bertolt Brecht unter Anlehnung an den Begriff der Epik verwendete Bezeichnung für eine von ihm praktizierte und geprägte Darstellungsform des modernen Theaters.
Mit Mitteln des Verfremdungseffekts und der Provokation soll es dem Zuschauer ermöglicht werden, sich von dem Geschehen zu distanzieren. Die Darstellung soll nicht zur Identifikation einladen, sondern zur Interpretation. Brecht meinte, dass mit diesem dramaturgischen Effekt es dem Zuschauer möglich sei, gesellschaftliche Verhältnisse bzw. Missstände besser zu erkennen.
Epische Elemente sind u. a. ins Publikum (oder beiseite) gesprochene Kommentare durch einen Erzähler, Lieder, Spruchbänder oder Textprojektionen. Der Schluss des Schauspiels, dessen Handlung dem klassischen Aufbau der aristotelischen Dramaturgie zuwiderläuft, ist im dialektischen Sinn offen, um dem Betrachter ein abschließendes Urteil selbst zu überlassen.
Zu den wichtigsten Beispielen des epischen Theaters gehört die Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (1930; Text: Bertolt Brecht, Musik: Kurt Weill). Von der Konzeption wurden wiederum viele Werke des modernen Musiktheaters beeinflusst, darunter Christophe Colomb (1930) von Darius Milhaud oder Die Verurteilung des Lukullus (1951; nach Brecht) von Paul Dessau. Brechts episches Theater wirkte in der jüngeren Vergangenheit vor allem auf Peter Weiss und Heiner Müller.
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Viele Grüße
Josef
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:39 Mo 26.11.2007 | Autor: | Teufel |
Vielen Dank erstmal an Josef für den ausführlichen Beitrag! Das bringt schon etwas Licht ins Dunkel ;)
Und wir sollen speziell etwas über die von mir genannten Punkte sagen, also keinen Vergleich anstellen.
Nur ich weiß nicht, was sie z.B. bei Handlungsführung oder Figurenkonstellation hören will.
Ich kann zwar nun wunderbar allgemein über das Theater berichten, aber wenn die direkt danach fragt, wüsste ich nicht, was ich nun antworten sollte.
Habt ihr da oder jemands anders Vorschläge?
Danke für die Hilfe.
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Hallo Teufel ,
Ein paar kleine Ergänzungen:
> Äußerer Aufbau:
> Variiert, meist szenischer Aufbau
- die Form des Dramas ist offen: jede Szene steht für sich; das Drama besteht aus selbstständigen Szenen, die locker miteinander verbunden sind
- Einheit von Ort, Zeit und Handlung wird nicht weiter befolgt
> Handlungsführung:
> ? (ich würde sagen, dass die Handlung nicht linear ist,
> sondern eher "kurvig" und es gibt auch parallele
> Handlungen)
Das ist richtig!
> Figurenkonstellation:
> ? (habe nur ein Beispiel anhand von "Das Leben des
> Galilei", dass Brecht typische Vertreter der Zeit genommen
> hat, aber ich weiß nicht, ob er das immer so gemacht hat
> oder nur in dem einen Drama)
> Zitat: "Brecht setzte als Repräsentanten der neuen Zeit
> vielfach Bürger und Kaufleute, für die alte Zeit
> Großgrundbesitzer und Kirchenvertreter ein."
> (http://de.wikipedia.org/wiki/Leben_des_Galilei)
- der Zuschauer wird in argumentierender Weise durch Verfremdung der handlungen wie kritisch-kommentierende Einschübe, Spruchbänder und Projektionen mit der Bühnenaktion konfrontiert
- Figuren sprechen schicht- und typspezifisch
> Schluss:
> offen
- erst durch politische Entscheidung des Zuschauers kommt das Stück zu seinem eigentlichen Abschluss
> Verhältnis Bühnengeschehen<->Publikum:
> Publikum soll auf Distanz gehalten werden, es soll
> beobachten und sich ein eigenes Urteil bilden, aktiv
> mitdenken (wird alles durch den Verfremdungseffekt
> bewerstelligt)
Richtig!
Liebe Grüße,
Sarah
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:34 Mo 26.11.2007 | Autor: | Teufel |
Ok, danke dir :)
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