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Hallo zusammen,
ich habe folgende Frage:
Hat man eine stetige Zufallsvariable $X$, $f$ sei die zugehörige Dichtefunktion, so ist der Erwartungswert $E(X)$ ja bekanntlich definiert als
$$E(X) = [mm] \integral_{- \infty}^{\infty}{x * f(x) dx}$$
[/mm]
Betrachtet man nun die Zufallsvariable [mm] $X^2$, [/mm] so ergibt sich:
[mm] $$E(X^2) [/mm] = [mm] \integral_{- \infty}^{\infty}{x^2 * f(x) dx}$$
[/mm]
Meine Frage ist nun: Warum?
Mir leuchtet nämlich nicht ein warum sich die Dichtefunktion nicht verändert, obwohl sich die Verteilung ja ändert.
Oder anders ausgedrückt, warum hat das Quadrat keinen Einfluss auf die Dichtefunktion?
Vielen Dank!
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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(Antwort) fertig | Datum: | 16:44 Do 18.04.2013 | Autor: | notinX |
Hallo,
> Hallo zusammen,
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> ich habe folgende Frage:
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> Hat man eine stetige Verteilung [mm]X[/mm], [mm]f[/mm] sei die zugehörige
meinst Du mit X nicht eine Zufallsvariable?
> Dichtefunktion, so ist der Erwartungswert [mm]E(X)[/mm] ja
> bekanntlich definiert als
>
> [mm]E(X) = \integral_{- \infty}^{\infty}{x * f(x) dx}[/mm]
>
> Betrachtet man nun die Verteilung [mm]X^2[/mm], so ergibt sich:
Zufallsvariable: [mm] $Y=X^2$
[/mm]
>
> [mm]E(X^2) = \integral_{- \infty}^{\infty}{x^2 * f(x) dx}[/mm]
>
> Meine Frage ist nun: Warum?
>
> Mir leuchtet nämlich nicht ein warum sich die
> Dichtefunktion nicht verändert, obwohl sich die Verteilung
> ja ändert.
Was genau meinst Du mit 'Verteilung'? In meinem Sprachegebrauch sind (Wahrscheinlichkeits-)Verteilung und (Wahrscheinlichkeits-)Dichte(-Funktion) identisch, nicht zu verwechseln mit der Verteilungsfunktion.
Die Dichtefunktion ($f(x)$ in Deinem Beispiel) gibt ja salopp gesagt, die Wahrscheinlichkeit bzw. die relative Häufigkeit an, dass Ereignis [mm] $x=x_0$ [/mm] eintritt (klassisches Beispiel ist der Würfel mit [mm] $f(x)=\frac{1}{6}$). [/mm] Der Erwartungswert ist dann eben obiges Integral. Wenn Du nun den Erwartungswert einer anderen Zufallsvariable bestimmen willst, also z.B. [mm] $x=x_0^2$, [/mm] so ändert sich doch am Würfel nichts sondern lediglich das betrachtete Ereignis ist ein anderes. Deshalb bleibt auch die Dichtefunktion gleich.
> Oder anders ausgedrückt, warum hat das Quadrat keinen
> Einfluss auf die Dichtefunktion?
> Vielen Dank!
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Ich habe das Gefühl, Dir sind die Begriffe noch nicht so 100% vertraut. Lies am besten nochmal nach, was Zufallsvariable, Verteilungsfunktion und Wahrscheinlichkeitsdichte genau sind.
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> Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen
> Internetseiten gestellt.
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Gruß,
notinX
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Danke für die schnelle Antwort.
Meinte natürlich "Zufallsvariable" und habe das oben geändert.
> Die Dichtefunktion ([mm]f(x)[/mm] in Deinem Beispiel) gibt ja
> salopp gesagt, die Wahrscheinlichkeit bzw. die relative
> Häufigkeit an, dass Ereignis [mm]x=x_0[/mm] eintritt (klassisches
> Beispiel ist der Würfel mit [mm]f(x)=\frac{1}{6}[/mm]). Der
> Erwartungswert ist dann eben obiges Integral. Wenn Du nun
> den Erwartungswert einer anderen Zufallsvariable bestimmen
> willst, also z.B. [mm]x=x_0^2[/mm], so ändert sich doch am Würfel
> nichts sondern lediglich das betrachtete Ereignis ist ein
> anderes. Deshalb bleibt auch die Dichtefunktion gleich.
Die Wahrscheinlichkeit für die einzelnen Ergebnisse bleiben gleich, selbst wenn ich das Ergebnis quadriere. Um es mal in deinem Beispiel zu erklären. Ob ich nun 2€ Gewinn ausschütte, wenn jemand eine 6 wirft oder 4€ ändert nichts an der Wahrscheinlichkeit für eine 6. OK soweit verstehe ich das.
Aber was mich verwundert ist, dass sich doch die Verteilungsfunktion und damit auch die Dichtefunktion ändern müsste. Denn in meinen Augen ist es doch ein Unterschied, ob ich
$$F(x)=P(X [mm] \le [/mm] x)$$
oder
[mm] $P(Y\le [/mm] x)$ mit $Y= [mm] X^2$
[/mm]
betrachte.
Klar, hängt das damit zusammen, dass ich wohl die Begriffe noch nicht richtig verstanden habe. Ich hatte aber gehofft, dass mir das hier jemand erklären kann. Wo ist da mein Denkfehler? Sorry, aber habe da gerade ein Brett vorm Kopf
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Hallo,
> Die Wahrscheinlichkeit für die einzelnen Ergebnisse
> bleiben gleich, selbst wenn ich das Ergebnis quadriere.
> Um es mal in deinem Beispiel zu erklären. Ob ich nun 2€
> Gewinn ausschütte, wenn jemand eine 6 wirft oder 4€
> ändert nichts an der Wahrscheinlichkeit für eine 6. OK
> soweit verstehe ich das.
>
> Aber was mich verwundert ist, dass sich doch die
> Verteilungsfunktion und damit auch die Dichtefunktion
> ändern müsste. Denn in meinen Augen ist es doch ein
> Unterschied, ob ich
>
> [mm]F(x)=P(X \le x)[/mm]
>
> oder
>
> [mm]P(Y\le x)[/mm] mit [mm]Y= X^2[/mm]
>
> betrachte.
Im zweiten Fall betrachtest du aber [mm] P(Y\le{x^2}).
[/mm]
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> Klar, hängt das damit zusammen, dass ich wohl die Begriffe
> noch nicht richtig verstanden habe. Ich hatte aber gehofft,
> dass mir das hier jemand erklären kann. Wo ist da mein
> Denkfehler? Sorry, aber habe da gerade ein Brett vorm Kopf
Vielleicht machst du dir noch einmal klar, wo die Definition des Erwartungswertes für den stetigen Fall herkommt, nämlich vom diskreten Fall. Hier haben wir ja
[mm]E(X)= \sum_{I}x_i*P(X=x_i) [/mm]
Bedeutet also: Jeder Wert der ZV wird noch durch seine Wahrscheinlichkeit gewichtet und die gewichteten Werte aufaddiert.
Bildest du jetzt für einen solchen diskreten Fall eine neue ZV Y, die von X irgendwie abhängt, dann würde, zumindest, wenn die Zuordnung injektiv ist, das gleiche passieren. Du hättest dann nämlich
[mm]E(Y)= \sum_{I}y_i*P(Y=y_i)=\sum_{I}y_i*P(X=x_i) [/mm]
da ja die Wahrscheinlichkeiten, mit denen die Zufallsvariablen die sich entsprechenden Werte annehmen, gleich bleiben. Und genau dieses Prinzip überträgt sich natürlich auch auf den stetigen Fall, obwohl die Dichtefunktion hier keine Wahrscheinlichkeiten mehr zurückliefert, sondern im Prinzip nur noch für die Gewichtung sorgt. Die aber muss gleich bleiben.
Jetzt ein wenig klarer?
Gruß, Diophant
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Hiho,
du kannst dir das auch klar machen, in dem du dir bewusst machst, dass du die Dichte von [mm] Y=X^2 [/mm] mit Hilfe der Dichte von X ausdrücken kannst.
Der Einfachheit halber nehm ich mal [mm] $X\ge [/mm] 0$ an.
Es gilt doch:
[mm] $f_X(x) [/mm] = [mm] F_X'(x)$
[/mm]
Und es gilt: [mm] $F_Y(y) [/mm] = [mm] \IP(Y \le [/mm] y) = [mm] \IP(X^2 \le [/mm] y) = [mm] \IP( [/mm] X [mm] \le \sqrt{y}) [/mm] = [mm] F_X(\sqrt{y})$
[/mm]
Und damit:
[mm] $f_Y(y) [/mm] = [mm] F_Y'(y) [/mm] = [mm] F_X'(\sqrt{y}) [/mm] = [mm] f_X(\sqrt{y})*\bruch{1}{2\sqrt{y}}$
[/mm]
Setzen wir das jetzt formal einfach ein:
$E[Y] = [mm] \integral_0^\infty yf_Y(y) [/mm] dy = [mm] \integral_0^\infty yf_X(\sqrt{y})*\bruch{1}{2\sqrt{y}} [/mm] dy = [mm] \bruch{1}{2} \int_0^\infty \sqrt{y}f_X(\sqrt{y}) [/mm] dy$
Die Substitution $x = [mm] \sqrt{y}$ [/mm] liefert dir mit $dy = 2x dx$ und damit:
[mm] $\bruch{1}{2} \int_0^\infty \sqrt{y}f_X(\sqrt{y}) [/mm] dy = [mm] \int_0^\infty xf_X(x)*2x [/mm] dx = [mm] \int_0^\infty x^2f_X(x) [/mm] dx$
Man kann nun zeigen, dass das für jede meßbare Funktion g(X) funktioniert, in deinem Fall ist $g(X) = [mm] X^2$.
[/mm]
MFG,
Gono.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:36 Fr 19.04.2013 | Autor: | nobrainer |
Ich danke euch beiden. Beides hat mir sehr geholfen die Zusammenhänge besser zu verstehen.
@Gonozal
Wenn ich das richtig verstanden haben, zeigt man das so erstmal für eine positive Zufallsvariable, dann folgt es für negative, dann für Zufallsvariablen mit beliebigen Vorzeichen. Den Übergang zu meßbaren Funktionen glaube ich dann einfach mal, weil ich das so wohl nie brauchen werden.
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 10:58 Fr 19.04.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo nobrainer und herzlich !
Dachtest du vielleicht, es wäre
(ACHTUNG: FALSCH) [mm] $E(X^2)=\integral_{-\infty}^{\infty}{x^2f_{X^2}(x) dx}$,
[/mm]
wenn [mm] $f_{X^2}$ [/mm] eine Dichte von [mm] $X^2$ [/mm] bezeichnet?
Korrekt angewendet lautet die Definition von [mm] $E(X^2)$ [/mm] aber
[mm] $E(X^2)=\integral_{-\infty}^{\infty}{x f_{X^2}(x) dy}$.
[/mm]
Das Tolle ist nun: Wie Gono dir vorgeführt hat, gibt es eben noch die weitere von dir angegebene Formel für [mm] $E(X^2)$, [/mm] für die man nur eine Dichte von $X$ und keine Dichte von [mm] $X^2$ [/mm] benötigt.
Viele Grüße
Tobias
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