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Hallo, ich bin neu in diesem Forum und dies ist meine erste Frage. Ich hoffe ich mache nichts falsch bei diesem Post (dieses Forensystem ist etwas komplizierter als ich es gewohnt bin).
Ich schreibe derzeit an meiner Bachelorarbeit und bin, theoretisch, schon so gut wie fertig. Habe in Word alles vorgeschrieben und übertrage es nun Schritt für Schritt nach LaTex in überarbeiteter Form. Mein Problem ist folgendes:
Mein Professor ist etwas...speziell. Er ist ziemlich locker und sagt zu allem okay, hat aber dafür auch so gut wie keine betreuende Funktion. Ich habe mir die Arbeiten von Freunden angeschaut (die bei anderen Professoren geschrieben haben) und alle hatten vernünftige Themen und Quellen, mit denen sie eine klassisch mathematische Struktur verwenden konnten (Def, Satz, Beweis, Lemma etc.).
Mein Professor ist aber gar kein Fan dieser Strukturform. Er bedient sich eigentlich nur Fließtexte, die zwar argumentative Struktur haben, aber keine Sätze, Definitionen oder sonstiges. Gleiches gilt auch für das Thema und die Quelltexte, die er mir gab. Es sind eigentlich alles nur wissenschaftliche Arbeiten (meist im Umfang von 10-20 Seiten) die ein ganz spezifisches Thema haben. Bei den Grundlagen konnte ich zwar noch durch Nachforschung einiges an klassischer Struktur einbauen, aber im Schwerpunkt wurde es dann etwas heikel.
Zunächst einmal: ich habe nicht abgeschrieben, allerdings bewege ich mich teils sehr nah an den Texten entlang. Ich muss in meiner Arbeit einen ganz bestimmten Fachtext zu unverzerrten Schätzern für stochastische Differentialgleichungen verwenden (da führt definitiv kein Weg dran vorbei).
Das Problem: Dieser Text hat eine unumstößliche argumentative Struktur: Konstruktion des Schätzers, Eigenschaften, Anwendung. Selbst wenn ich wollte könnte ich an dieser Struktur nichts ändern. Auch die inhaltliche Struktur ist felsenfest. Zwar kann man an vielen Stellen kürzen und die Dinge etwas anders formulieren, zudem ändere ich die Notation basierend auf meinen Grundlagen etwas ab, dennoch komm ich nicht umher der Argumentation dieses Textes sehr nahe zu folgen. Nichts davon ist abgeschrieben, aber ich habe auch nicht das Gefühl großer Eigenleistung.
Die Frage ist nun, was kann man bei so einer Situation tun? Und ist es okay, wenn man sich der Argumentationsstruktur einer Quelle bedient, solange man sie vorweg als Quelle/Inspiration angibt? Wenn das mal nur für einen Absatz wäre würde ich da nicht weiter drüber nachdenken, aber in diesem Fall ist es ein ganzes Kapitel (6 Seiten), die eigentlich nur diesem Artikel folgen. Ich habe schon so lange darüber nachgedacht, was man ändern könnte oder anderes einbauen, aber die Argumentation ist so perfekt in sich geschlossen, dass jede größere Änderung einen Fehler erzeugen würde.
Als Beispiel was ich meine: Wir definieren Y =.... Dann wenden wir Euler-Diskretisierung an mit.... Daraus folgt, dass die Varianz von Y.... Das Ergebnis des Ganzen ist nun der Schätzer Y*=....
Ich wüsste nicht, wie man eine solche Struktur groß ändern könnte. Habt ihr Ideen oder Vorschläge wie man mehr Eigenleistung einbringen könnte? Oder könnt mir sagen in wie weit es in Ordnung ist die Argumentation zu übernehmen solange man immer schön vorher die Quelle nennt? (selbst wenn es sich dann über mehrere Seiten erstreckt)
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Hallo!
Da hast du ja ein schönes Dilemma, aber es ist sehr vernünftig, darüber nachzudenken.
Zunächst: Wie du selbst schreibst, ist es vernünftig, statt einer einfachen Quellenangabe bereits am Anfang des Kapitels darauf hinzuweisen, daß sich der Text an der Quelle stark orientiert.
Zur Struktur ist es schwierig, dir da einen Rat zu geben, ohne die Texte selbst mal gesehen zu haben. Möglicherweise kannst du ja doch was machen, es ist nur häufig so, daß man dermaßen auf einen Weg eingeschossen ist, daß man die Alternativen nicht erkennt. Hast du da niemanden neben deinem Professor, der sich das ganze mal anschauen kann? In meiner Gruppe gab es viele Leute, die auf unterschiedlichen "Karrierestufen" waren, also welche, die an ihrem Ba, Ma oder Dr arbeiteten, oder den Dr bereits hatten. Für einen Promovierenden sollte eine Ba-Arbeit eher leichte Kost sein, zudem sollte er - sofern er beim gleichen Prof ist - die besondere Problematik kennen.
Das wirklich schwierige ist auch, daß dein Prof zwar "anders" ist, und diese Argumentationsweise selbst begrüßt, aber zu einer Bachelor-Arbeit gehören normalerweise zwei Prüfer. Wenn der zweite Prof nicht die von ihm gewünschte Struktur vorfindet, dann hast du ein Problem. Auch hier aus meiner Erfahrung: Unsere Gruppe war sehr groß, und ein Prof wünschte von seinem Studenten, daß die Einleitung der Arbeit extrem gekürzt wird, denn das, was dort immer wieder steht, kommt einem mittlerweile zu den Ohren wieder raus. Allerdings kam der andere Prof aus einer anderen Gruppe, und der bemängelte die arg knappe Einleitung...
Von daher wäre es gut, wenn du auch mit deinem zweiten Prüfer sprichst.
Ich lass die Frage mal offen, damit noch andere antworten.
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Hey, danke schonmal für die schnelle Antwort.
Ich hab mit meinem Professor geredet und er ist damit einverstanden, wenn ich zu Kapitel/Abschnitt -Beginn einmal die Quelle nenne. Damit bin ich höchst wahrscheinlich schonmal auf der sicheren Seite.
Struktur... würde es helfen wenn ich einen der von mir bearbeiteten Artikel nenne? Da hätten wir nämlich z.B. den relativ "kurzen" Artikel von J. Blanchet und P. Glynn: "Unbiased Monte Carlo for Optimization and Functions of Expectations via Multi-Level Randomization". Leider habe ich in meinem Umfeld wirklich niemanden, der mir helfen könnte. Die meisten aus meinem Umfeld sind auf dem gleichen Level wie ich. Einer meiner Kollegen hat bei diesem Prof allerdings vor kurzem seine Bachelorarbeit eingereicht und er meinte es ginge ihm genau wie mir, 70% seiner Arbeit wären fast nur übersetzte Sätze gewesen (und der bekam vom Prof zumindest schonmal ein okay).
Das maßgebliche Probleme in den Artikeln ist, dass die alle sooo speziell und themenspezifisch sind, dass man kaum etwas an ihnen ändern kann. Es wird eine bestimmte Problemstellung angesprochen und eine einzigartige Methodik angewandt um einen einzigartigen Schätzer zu entwickeln der ganz bestimmte Eigenschaften hat. Ja, ich kann diesen mit anderen vergleichen (tu ich auch) und bewerten (tu ich ebenfalls), aber die Vorgehensweise bei der Konstruktion und das Vorstellen der Eigenschaften muss ich praktisch übernehmen, wenn ich diesen Schätzer verwenden und erklären will...
Der andere Prof tickt anscheinend eeetwas anders, allerdings sind die beiden wohl schon seit langer Zeit ein Korrekturteam und verstehen sich (so hab ich es gehört) bei der Korrektur von Arbeiten ganz gut.
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Unterschlage auf keinen Fall die Quellen! Du kannst an diversen spektakulären Fällen sehen, dass noch nach Jahren so etwas aufgedeckt werden kann (besonders, wenn man Karriere macht und/oder Neider hat), und du möchtest ja nachts noch schlafen können.
Wie Event_Horizon bereits vorschlug, schreibst du kurz und knapp, dass du dich an dem und dem Verfasser eng anlehnen musstest usw., ohne aber permanent alles als Zitat zu markieren.
Du solltest dir aber überlegen, ob der Schwerpunkt deiner Arbeit dann nur aus der "Kopie" eines anderen Verfassers besteht oder nur aus einer 1-zu-1-Anwendung (Einsetzen von Zahlen in eine Formel), denn das ist relativ niveaulos.
Was zu tun ist, wäre ggf.
- zeigen, dass dein Problem zu der gefundenen Theorie passt (falls nicht zu trivial) bzw. vorgenommene Idealisierungen und Einschränkungen,
- Abänderung der vorgegebenen Formeln, um sie deinem Problem anzupassen
- Erläutern der Theorie über die Herleitung des Verfassers hinaus, z.B. dann auch an deinem konkreten Fall.
Falls das oder Ähnliches nicht möglich ist, solltest du dein Projekt modifizieren. Im Gegensatz zu den meisten geisteswisschenschaftlichen Arbeiten, in denen es nur darum geht, durch Zitate zu belegen, was man alles schon gelesen und vielleicht sogar verstanden hat, geht es in den Naturwisschenschaften auch und vor allem um kreatives(!) Problemlösen.
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Quellen werden nicht unterschlagen, wird alles schön sauber aufgeschrieben. Da gehe ich kein Risiko bei ein.
Ich kann jetzt schon sagen, dass der Schwerpunkt meiner Arbeit relativ niveaulos ist... Mir wurde das Thema "unverzerrte Monte Carlo Schätzer" zugeteilt. Grundlagen sind also nach dem Motto "was ist ein Schätzer", "was ist Monte Carlo", "was bringt uns Unverzerrtheit". So weit so gut. Im Schwerpunkt soll ich dann einen bestimmten Artikel behandeln, den der Professor mir gab. In diesem Artikel wird eine neue Methodik eingeführt, es werden 3 Schätzer konstruiert und gezeigt, dass diese im Vergleich zur berühmten Multilevel Monte Carlo Methode mithalten können.
Dieser Artikel ist keine 5 Monate alt und dementsprechend auf dem neusten Stand. Wenn ich die neue Methodik erklären/einführen will gibt es keine Alternativen oder Möglichkeiten da irgendwelche Änderungen dran vorzunehmen ohne das "Ergebnis" zu verfälschen, das heißt abändern der Formeln geht nicht wirklich. Bestenfalls die Notation und Schreibweise etwas anpassen. Erläutern der Theorie darüber hinaus mache ich bereits, allerdings habe ich keinen "konkreten Fall" auf den ich es anwenden könnte, das Thema ist mehr allgemein formuliert. Und das der Artikel zu meinem Thema passt ist leider mehr als trivial in diesem Fall. Thema: "unverzerrte Schätzer". Artikel: "Konstruktion eines unverzerrten Schätzers". Da gibt es leider nicht allzu viel zu erklären und selbst wenn, käme ich damit bestenfalls auf ein paar Zeilen. So etwas wie eine 1:1 Anwendung habe ich allerdings nicht, da wie gesagt die Fälle sehr allgemein sind und ich nicht mal wirkliche Formeln besitze, in die man etwas einsetzen könnte.
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Du könntest vielleicht Fälle konstruieren, bei denen die neue Methode besser als die alte ist und Fälle, bei denen es umgekehrt ist. Evtl. auch untersuchen, ob das ganze bei 4 Schätzern noch ebenso gilt oder nicht usw.
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Das mit den Fällen ist eine gute Idee, leider aber in meinem Hauptartikel auch schon vertreten. Allerdings könnte ich das vermutlich noch ein wenig erweitern, also durchaus eine Möglichkeit mehr Eigenleistung einzubringen.
Das mit 4 Schätzern klappt eher nicht. Es werden auf spezielle Art 3 sehr komplizierte Schätzer mit der Methodik entwickelt. Es ist vermutlich möglich weitere Schätzer zu konstruieren, allerdings ändert das an der Methodik/Gültigkeit gar nichts und selbst welche entwickeln ist mehr auf Professor und höher Niveau.
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Für eine Bachelor-Arbeit wird es vermutlich reichen, die neue Methode noch mal mit eigenen Worten zu erklären - also die Idee, die dahinter steckt - und an ausgesuchten Beispielen zu zeigen, ob und wieviel diese besser als die bisherige Methode ist. (Ist sie immer besser? In welchen Fällen besonders gut? Wie hoch ist der Aufwand im Vergleich?)
Evtl. kannst du auch - wenn eine Ausweitung auf 4 Beobachter zu kompliziert wird - umgekehrt auf 2 reduzieren und feststellen, ob und was und wieviel sich das Ergebnis verändert.
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Die neue Methode mit eigenen Worten erklären habe ich in einem Kapitel gemacht, und auch eine Auswertung der Anwendbarkeit vorgenommen, zumindest darin steckt schonmal meine Eigenleistung.
Es an ausgewählten Beispielen anwenden... eher nicht so gut. Das Problem bei der Thematik ist, dass es sehr sehr komplizierte numerische Berechnungen sind. In den Artikeln sind ein paar Beispiele und eine Auswertungstabelle, die habe ich im Anhang (natürlich mit Quellenangabe) beigefügt, aber eigene Beispiele konstruieren ist in einem solch komplexen Fall eher nicht möglich. Da müsste ich schon extrem fortgeschrittene Programmierkenntnisse und besondere Software besitzen um die Auswertungen durchzuführen und ich kann jetzt schon sagen, dass das weit über Bachelor (und vermutlich sogar Master) Niveau liegt. Daher muss ich mich leider auf die gegebenen Beispiele beschränken.
Reduzierung der Schätzer... Würde auch nichts an den Beobachtungen ändern. Jeder Schätzer hat andere Eigenschaften und steht für sich alleine, wenn ich einen weglasse spar ich mir vielleicht 1-2 Seiten, aber an den Resultaten würde sich nichts ändern. Die Ergebnisse ändern sich durch hinzufügen oder reduzieren nicht, lediglich die Ausarbeitung wird komplexer oder kürzer.
Eine Darstellung in eigenen Worten anzufertigen scheint allerdings schonmal ein guter Ansatz zu sein um mehr Eigenleistung einzubringen
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